Der Hamburger BADO e.V. legt seinen 28. Jahresbericht und Basisdaten zur Suchthilfe in Hamburg für das Jahr 2024 vor. Der diesjährige BADO-Bericht basiert auf der Auswertung von 18.073 Betreuungen für 15.174 unterschiedliche
Personen.
Zusammenfassende Stellungnahme Fachvorstand des BADO e.V.
Um die Hamburger Suchthilfe weiterzuentwickeln, wird jährlich ein Bericht auf der Grundlage der standardisierten Basisdatendokumentation (BADO) der zuwendungsgeförderten und über das SGB IX finanzierten Hamburger Suchthilfeeinrichtungen vom Hamburger BADO e.V. (www.bado.de) vorgelegt, einem Zusammenschluss der freien Träger der Hamburger Sucht- und Drogenhilfe und der Behörde für Gesundheit, Soziales und Integration. Der BADO e.V. hat das Ziel, den Wissensstand auf dem Gebiet der Suchthilfe zu fördern. Hierzu werden die Dokumentationsdaten aus den unterschiedlichen Suchthilfeeinrichtungen von einem externen wissenschaftlichen Institut zusammengeführt und ausgewertet.
Der BADO e.V. veröffentlicht nun den 28. Jahresbericht.
In der BADO Dokumentation werden die Inanspruchnahme von Hilfeangeboten, die Suchtprobleme und die biografischen Hintergründe der Hilfesuchenden dokumentiert. Ferner werden in dieser Dokumentation die Behandlungsvorerfahrungen, die justiziellen Situationen, die gesundheitlichen und psychischen Verfassungen sowie die sozialen Situationen festgehalten. Die Hamburger Basisdatendokumentation ist dabei eng an den deutschen Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchtkrankenhilfe (KDS) gekoppelt. Über den KDS hinausgehend enthält der BADO-Datensatz zusätzliche Fragestellungen und bietet die Möglichkeit, Betreuungsfälle, die sich auf gleiche Personen beziehen, einrichtungsübergreifend und mehrjährig auszuwerten. Damit sind neben den Statusbeschreibungen auch Analysen im Längsschnitt möglich. Der BADO e.V. legt Wert darauf, Daten so aufzubereiten, dass diese für die Praxis ebenso wie für Verantwortliche in der Politik und Verwaltung verständlich und nutzbar sind.
Statusbericht 2024
Der diesjährige BADO-Bericht basiert auf der Auswertung von 18.073 Betreuungen für 15.174 unterschiedliche Personen, die in den Hamburger Einrichtungen der Suchthilfe im Jahr 2024 begleitet und beraten wurden. Damit wurden wieder mehr Menschen erreicht als noch im Vorjahr, und beide Zahlen lagen wieder auf dem Niveau von 2021. Die Hamburger Suchthilfeeinrichtungen beraten auch Angehörige und Menschen aus dem sozialen Umfeld der Konsument:innen.
Angehörige und Menschen und soziales Umfeld
Die Hamburger Suchthilfeeinrichtungen beraten auch Angehörige und Menschen aus dem sozialen Umfeld der Konsument:innen. Im Berichtsjahr wurden 1.840 Betreuungen von 1.739 Angehörigen und Menschen aus dem sozialen Umfeld dokumentiert, und damit wurden auch hier wieder mehr Personen als noch im Vorjahr erreicht.
Spezialauswertungen
Der vorliegende BADO-Bericht enthält drei Exkurse zu ausgewählten Schwerpunktthemen: Erstens eine vergleichende Analyse von Eltern in der Suchthilfe, zweitens die Entwicklung verschiedener Altersgruppen mit dem Fokus auf Opioidklient:innen über die vergangenen zehn Jahre und drittens die Untersuchung, welchen Einfluss die Intensität der Betreuung auf den weiteren Hilfeverlauf nimmt.
Unterschiedlichen Elterngruppen
Die Ergebnisse des Vergleichs der unterschiedlichen Elterngruppen und der Gruppe der kinderlosen Klient:innen deuten auf unterschiedliche Unterstützungsbedarfe hin. Die Gruppe der Eltern, die mit ihren minderjährigen Kindern im Haushalt leben, sind sozioökonomisch eher besser gestellt und weisen eine tendenziell geringere gesundheitliche und psychische Belastung auf, nahmen das Suchthilfesystem jedoch weniger intensiv in Anspruch (kürzere Betreuungsdauer, weniger Kontakte). Dies ist ein Hinweis darauf, dass Verpflichtungen, die aus Care- und/oder Erwerbsarbeit entstehen, die Nutzung von Hilfeangeboten erschweren. Bei der Ausgestaltung von Angeboten für diese Zielgruppe sollte daher die zeitliche Verfügbarkeit von Eltern bzw. die Betreuungssituation der Kinder als potentielle Barriere für die Inanspruchnahme von Hilfen berücksichtigt werden. Darüber hinaus zeigen sich Unterschiede zwischen Vätern und Müttern innerhalb dieser Gruppe: Mütter sind häufiger alleinerziehend, nicht erwerbstätig und werden in 14 % der Betreuungen vom Jugendamt zugewiesen. In diesen Fällen ist eine gute Zusammenarbeit der Suchthilfe mit der Jugendhilfe, insbesondere dem ASD, sehr wichtig.
Spezialauswertung der Altersgruppen
Die Spezialauswertung der Altersgruppen folgte der Fragestellung, ob es innerhalb der letzten zehn Jahren altersspezifische Veränderungen bei den Hauptproblemgruppen gegeben hat.
Analysiert man die Personen aus dem sozialen Umfeld, ergibt sich, dass sich die Anzahl derjenigen, die aufgrund einer Opioidproblematik kommen, in den letzten zehn Jahren von 83 auf insgesamt 271 Personen mehr als verdreifacht hat. Innerhalb dieser Gruppe hat sich die Anzahl der Eltern auf insgesamt 131 Personen nahezu versiebenfacht.
Bei den Betreuungen mit eigener Suchtproblematik zeigt die Gesamtklientel eine leichte Altersverschiebung hin zu den mittleren Altersgruppen. Gegenläufig verhält es sich allerdings in der Opioid-Hauptproblemgruppe. Bei insgesamt sinkenden Zahlen in der Gesamtgruppe steigt die Anzahl der unter 25-Jährigen von 206 auf 398. Dies ist hauptsächlich durch die Zunahme im Bereich des Konsums „anderer Opioide“ begründet. Auffällig ist zudem, dass der Anteil der Frauen in dieser Gruppe höher als in den anderen Altersgruppen ist. Das signalisiert eine besondere Dynamik innerhalb dieser Substanzgruppe, vor allem durch die Zunahme „andere Opioide“. Um dies künftig noch besser erfassen zu können, erfolgte eine Erweiterung der „Opioid-Dokumentation“ innerhalb der BADO. Hieraus leitet sich die Empfehlung ab, diese Zielgruppe genauer in den Blick zu nehmen, um Angebote gegebenenfalls entsprechend anpassen zu können.
Personen mit einer Kokainproblematik konnte die Suchthilfe in Hamburg gut erreichen, die Anzahl entsprechender Klient:innen ist über den Zehnjahreszeitraum kontinuierlich angestiegen. Über den gesamten Zeitraum stellten die 36- bis 45-Jährigen hierbei die größte Gruppe dar.
Inanspruchnahme von Suchthilfe vor und nach einem Einmalkontakt
Die dritte Spezialauswertung schließt an einen Exkurs vom Vorjahr an. Im Jahr 2023 ergab die Auswertung, dass Personen, die nur eine einmalige Beratung in Anspruch nehmen, stärker belastet sind als diejenigen, die mehrere Kontakte wahrnehmen. Exemplarisch zeigten sich dabei höhere Belastungen im Bereich Wohnungslosigkeit sowie bei der psychischen Gesundheit. Zudem war der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in der Gruppe der Einmalberatungen erhöht. Die diesjährige Spezialauswertung untersucht, ob und wie sich die Inanspruchnahme von Suchthilfe vor und nach einem Einmalkontakt von der Inanspruchnahme vor und nach einer Betreuung mit Mehrfachkontakten unterscheidet.
Eine Erkenntnis lautet, dass die Intensität der Betreuung ein wichtiger Indikator für die Stärke der bisherigen und zukünftigen Anbindungen an das Suchthilfesystem darstellt. Klient:innen mit Mehrfachkontakten weisen eine höhere Inanspruchnahme und eine intensivere Betreuungshistorie auf. Aber auch Einmalkontakte sind nicht als isolierte Ereignisse zu betrachten, da sich auch in dieser Gruppe sowohl in der Vorgeschichte als auch in den Folgejahren erneute Inanspruchnahme von Suchthilfe zeigen. Einmalberatungen können ein potentieller Einstiegspunkt in das Suchthilfesystem und später Anlass für intensivere Betreuungen sein. Demnach empfiehlt es sich, bei Einmalberatungen frühzeitig Anschlussmöglichkeiten zu schaffen, um Folgekontakte zu fördern.
Der BADO Vorstand bedankt sich bei den Mitarbeitenden der Hamburger Suchthilfeeinrichtungen, bei den Mitarbeitenden des Hamburger Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg und bei Frau Barre von Jugendhilfe e.V. Sie alle haben zu diesem Bericht beigetragen.
Quelle: BADO e.V.

